Reliefs voller Licht
Aus einem unergründlichen Meer von Blau kristallisieren sich die Umrisse eines Bootes heraus. Eines Bootes,
das direkt auf das Licht zuzusteuern scheint, das aus dem tiefen Blau herausleuchtet, das wie magnetisch
den Blick auf sich zieht. Dieses Licht, es strahlt aus vielen der Bilder des Manfred Schling, 1953 in
Bad Salzuflen geboren seit seiner Studienzeit in Berlin lebend und arbeitend.
Wesentlich teil daran hat die von art brut und arte povera beeinflußte Technik des Fred Thieler-Schülers,
der wie sein Lehrer dem Informel nahesteht. Ohne allerdings dem Figürlichen konsequent zu wehren,
in den jüngeren und jüngsten Arbeiten noch weniger als zuvor.
Schling schichtet seine Bilder regelrecht auf, überstreut die auf dem Boden liegende Leinwand mit Quarzmehl
und Pigmenten, läßt darüber Ströme meist stark verdünnter Öl- und Dispersionsfarben fließen, gräbt in
diese Schichten mit Händen und Stäben Spuren ein. Risse, Schrunden öffnen sich, die überaus reizvolle
reliefartige Strukturen entstehen lassen, altem, von Jahrhunderten gezeichnetem Mauerwerk, von Wind und
Wetter bearbeiteten Steinen vergleichbar.
Quarz schimmert
Bei aller Massivität des Aufbaus bleiben die Bilder Manfred Schlings verblüffend licht und transparent,
so, als ob das Kristalline des Quarzes kaum gebrochen aus ihnen schimmerte. Die Vorliebe für kompositorisch
dezidiert gesetzte Lichtakzente verstärkt diesen Eindruck noch, rückt den Künstler, bei aller Verwandtschaft
zum informellen Schaffensduktus, von einer betont spontanen Malweise ab. Unmittelbarer, weniger stark
reflektiert wirken da schon die kleineren Mischtechnik-Arbeiten auf Papier, leichter, luftiger bereits
durch den Verzicht auf das vielfache Übereinander von Quarzmehl und Farbschichten.
Magisches Blau
Kaum spürbar ist in ihnen etwas von der Monumentalität, der Wucht, die den großformatigen Bildern auf
Leinwand eignet, die etwas zu tun hat mit der Konzentration auf wenige, aber desto vielfältiger nuancierte
Farben - die Vorliebe Schlings für tatsächlich fazinierende Blautöne ist unübersehbar, wird auch nicht
verstellt durch gelegentliche Ausflüge ins dramatischere Rot-, nicht weniger aber auch mit der Gewalt
der Motive selber. Einfache Formen sind das, die auch dem Tastsinn erfahrbar aus den Schichten herauswachsen,
Kreise-, Dreiecke, Monolithe, die an archaische Zeichen denken lassen, mit denen sie gerade wegen ihrer
Schlichtheit das Geheimnis, das über alle Zeiten hinweg Gültige gemein haben.
Die Ausstellung in der Galerie Ursel Steinacker, Markenbildchenweg 13, ist bis 16. November zu sehen;
montags und samstags von 10 bis 13 Uhr. dienstags bis freitags von 15 bis 18 Uhr.
Lieselotte Sauer-Kaulbach