1992 – Manfred Schling. Materie der Stille

Text von Joseph Paul Schneider, 1992

Wir hatten das Werk von Manfred Schling 1985 kennengelernt, im Jahr seiner ersten Ausstellung (mit Ilya Heinig) in der Galerie La Cité, in deren Räumen wir ihn nun, zum dritten Mal ausgestellt, wiederfinden. Dieses Werk – von einer grossen, prägenden Kraft, empfand ich immer als Material der Stille, jener Stille die oft schwer wiegt in diesen Meditationsräumen geschaffen von Bildern die „ethisches und ästhetisches Streben miteinander verbinden“.

Manfred Schling’s Werke lassen sich nicht leicht entziffern, schon deshalb weil der Artist vom Auge des Betrachters eine mehrschichtige Lesung verlangt sowie die Bereitschaft sich einzuordnen in diesen Geist der ständigen Bewegung zwischen Schatten und Licht, die deren Distanz zum Verschwinden bringt.

Man muss diese wie die Haut der Erde entworfenen Werke hinterfragen, die einem oft erscheinen als erreiche man sie nur durch Nebel oder Rauchschwaden, die entstehen aus der Häufung von gedämpften und verblassten Farben sowie aus der Verwendung diverser Materialien : Staub, Sand, Fragmente aus Papier oder Stoff, Marmorstaub, etc.

Linien, Kratzer, Risse, Schlitze auf der manchmal zersplitterten, manchmal vernarbten, oft wie von Erosion ausgewaschenen Oberfläche des Werkes reaktivieren ständig das Bewusstsein einer wahren Dialektik zwischen Struktur und Empfindung.

 

Das Werk ist das Ergebnis eines körperlichen und geistigen Engagements des Künstlers mit seiner Leinwand: sein malerischer Einsatz ist, genau wie die bewusste Aufsplitterung der bemalten Oberfläche, eine Verpflichtung, eine profunde und akute Wiedergabe der Lebenswelt, die der Mensch zugleich nützt und ausnützt und die es dringend zu retten gilt, wenn dazu überhaupt noch Zeit ist. Ausgezeichnet durch eine seltene bildnerische Qualität, ist Manfred Schling’s Werk zur gleichen Zeit im direkten Kontakt mit der Welt und…warnend prophetisch.